Redaktionelle Online-Offensive des Axel Springer Verlags

Was international bereits einige Zeitungen vorgemacht haben bzw. planen wird jetzt auch in Deutschland umgesetzt: Der Axel Springer Verlag integriert seine Print- und Online-Redaktion in einen zentralen Newsroom. Bis spätestens zum 4. Quartal 2006 sollen die Print- und Online-Angebote für die Titel Welt, Welt Kompakt, Welt am Sonntag und Berliner Morgenpost aus diesem Newsroom heraus erstellt werden. Geführt werden sollen die Redaktionen von einer Redakteursrunde bestehend aus den drei Chefredakteuren der Welt, WamS und Berliner Morgenpost sowie einem Geschäftsführenden Redakteur.

Angesichts der Position der Welt am Sonntag im deutschen Online-Nachrichtenmarkt mutet eine weitere Ankündigung sehr ambitioniert an.

So soll die Schaffung des gemeinsamen Newsrooms Voraussetzung oder Teil einer umfassenden Online-Offensive sein.

Zwar liegt die Welt mit 1,21 Mio. Unique Usern (AGOF, Q3 2005) knapp hinter der Süddeutschen Zeitung (1,30 Mio.) und weit hinter anderen Sites wie Spiegel Online (4,05 Mio.) oder Focus.de (2,60 Mio.), aber berücksichtigt man die sehr viel geringere Printauflage als Basis, von der aus die Welt online neue Leserschaften "erobert", so bietet sich ein anderes Bild. Wie ich bereits in einem früheren Post aufgezeigt habe, hat keine andere von der AGOF gemessene Tages- oder Wochenzeitung im Verhältnis zur Ausgangsbasis Print-Auflage so viele Leser online gewonnen wie die Welt.

Sollte es tatsächlich zu einer weitreichenden Verschiebung der Leserschaft von Print zu Online kommen, so stellen solche Werte massive Veränderungen der über Jahrzehnte im Printmarkt relativ konstanten Marktanteile dar (Detailergebnisse hier).

Eine komplette Integration von Print- und Online-Redaktion ist meines Wissens nach bisher noch nicht in Deutschland umgesetzt worden. Umso interessanter ist es, dass dieses nun durch eine der größten Redaktionen der Republik und nicht wie in den USA zuerst durch eher kleine Redaktionen und erst anschließend durch die New York Times und andere größere erfolgt.

Viele mittlere bis kleinere, die sich meiner Erfahrung nach derzeit mit Konzepten zur Integration der Redaktionen beschäftigen, werden die Entwicklung des ASV-Experiments mit Sicherheit genau beobachten. Ein Misserfolg dürfte negative Konsequenzen für viele dieser Initiativen haben. Hoffen wir, dass dem ASV dieser Schritt gelingt.

Kommentare

Der Schritt ist richtig, was die Integration der Online in den Newsroom angeht. Zu oft sind Onlineredaktionen noch nicht eingebunden ins redaktionelle Umfeld. Wer sich aber von einem Scheitern bei ASV schon ins Bockhorn jagen lassen würde, hätte nicht verstanden: es geht zurzeit noch ums Experimentieren. Das können Große einfacher als Kleine. Zeitungen haben die Aufgabe, ihren Leser zu informieren - und nicht, Papier zu verkaufen. Deshalb ist der Online-Fokus so wichtig.

25.04.06 15:55

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