Wie integriert man Blogs in das Angebot einer Nachrichten-Site?

Blogs werden den Journalismus revolutionieren, glauben manche. Andere propagieren zumindest eine stärkere Annäherung der beiden Lager Mainstream Media und Blogger.

Aber wie kann so etwas konkret auf der Website einer Tageszeitung umgesetzt werden? Welche Methoden stehen Online-Redaktionen zur Verfügung, um Ihre Leser auf Informationen und Diskussionen in Blogs zu hinzuweisen?

Vereinfachend kann man die Methoden nach dem Ausmaß der Integration in das redaktionelle Angebot der Site gliedern:
- Links bzw. Verweise im Text
- Linksammlungen
- Technische Services zum Auffinden relevanter Blogs
- Permanente Integration von Blogs in die Site


Die einfachste Form der Nutzung von Blogs ist der gute alte Link auf das Blog bzw. direkt auf den relevanten Blog-Post. Dieses setzt aber Kenntnis des Blogs und des Posts voraus und eignet sich daher nur für Beiträge, die direkt auf den Post Bezug nehmen.

Ungeeignet ist diese Methode, um Leser auf Diskussionen in der Blogosphere, die nach oder aufgrund des Artikels entstanden hinzuweisen. Der Verweis auf das Blog hat folglich eher den Charakter der klassischen Quellenangabe.


Eng verwandt mit dem einzelnen Link im Artikel sind Linksammlungen mit Links zu relevanten Blogs. Deren Erstellung ist etwas aufwändiger und eignet sich eher für Themenbereiche (z.B. „Blogs über Web 2.0“) als für einzelne Artikel.


Nicht notwendigerweise besser, aber moderner ist der Einsatz spezialisierter Suchtools, die automatisch auf vermeintlich relevante Blogs verweisen. Derzeit sind mindestens zwei Tools verfügbar, die zwar für den englischsprachigen Markt entwickelt wurden, aber prinzipiell auch für deutsche Sites und Blogs verwendbar sind: Technorati This! und Sphere It.


Technorati This! ist ein Tool der Blogsuchmaschine Technorati. Es sucht für einen Artikel auf einer Site sämtliche Blog-Einträge, die auf diesen Artikel verlinken.

Das Tool kann direkt auf der jeweiligen Website implementiert werden oder aus dem Browser des Users heraus gestartet werden.

In ersterem Fall wird von der Site auf Technorati This! verlinkt. Ein Beispiel findet sich auf Spiegel Online International (Link „Technorati: Blogs discussing this story“ am Ende der Seite). Im letzteren Fall kann der User, wenn er sich auf einer Artikelseite befindet durch Anklicken eines speziellen Technorati Links! in den Bookmarks/Favoriten seines Browsers direkt die Suche nach verlinkten Blogs starten.

Technorati sortiert die Blog-Einträge strikt chronologisch und bietet als Alternative nur die Möglichkeit, nach so genannter „Authority“ zu sortieren, die stark verlinkte Blogs höher bewertet als andere.

Der Nachteil von Technorati This! ist, dass nur Posts zu dem Thema gefunden werden, die direkt auf den Artikel verlinken. Blog-Posts zum gleichen Thema, die nicht verlinken, werden somit nicht gefunden.

Zudem eignet sich dieses Tool nicht bzw. nur begrenzt für sehr aktuelle Artikel, da für sehr aktuelle Artikel noch keine korrespondierenden Blog-Posts existieren dürften.

Auch die Führung der Nutzer zu qualitativ hochwertigen bzw. relevanten Blog-Posts dürfte mit der angesprochenen Suchmethodik und Ergebnis-Sortierung nicht oft gelingen.

Eine Variante von Technorati This! soll aus der Kooperation mit der Associated Press (AP) entstehen. Bezieher der „AP Hosted Custom News“ können einsehen, welche AP-Artikel am heftigsten in Blogs diskutiert werden.


Für die Nutzer praktisch identisch in der Anwendung mit Technorati This! und doch anders in der Suchlogik ist Sphere It von der Blogsuchmaschine Sphere.

Es kann wie Technorati This! entweder direkt auf der Site implementiert (siehe einige Artikelseiten auf Time.com) oder über einen abgespeicherten Link im Browser des Users gestartet werden.

Sphere findet verwandte Blogs über eine Analyse der Textinhalte. So werden zu Artikeln über z.B. Angela Merkels Besuch bei Putin andere Artikel mit ähnlichen Inhalten gesucht. Dieses gelingt mit ziemlich guter Zielgenauigkeit.

Durch diese Methode werden auch Treffer erzielt für Artikel, die erst kurz zuvor veröffentlich wurden. Sie können somit besser vermitteln, inwiefern ein Thema bereits stark diskutiert wird, noch sehr aktuell ist oder für nicht diskussionswürdig gehalten wird.

Artikel werden nach Relevanz sortiert ausgegeben. Allerdings werden nicht nur Blogs gefunden, sondern auch „normale“ Sites, was natürlich keinen Nachteil darstellen muss.

In den bislang dargestellten Beispielen wurde immer nur auf außerhalb der eigenen Site vorhandene Blogs verwiesen. Eine Integration der Blogs in das Angebot der eigenen Site hat jeweils nicht stattgefunden.


Hier setzt der Service Blogburst der Firma Pluck ein. Derzeit noch auf den amerikanischen Markt beschränkt versucht es, Blogger und Mediensites zusammen zu bringen. Blogger können via RSS ihre Inhalte an Blogburst liefern. Mediensites wiederum können bei Blogburst aus dem Angebot der lizenzierten Blogs auswählen und die Inhalte der gewählten Blogs im eigenen Layout darstellen.

Neben der erhöhten Reichweite sollen die Blogger zukünftig von einem Anteil der zusätzlich generierten Werbeerlöse profitieren, werden die Mediensites Zugriff auf eine große Auswahl vermeintlich hochwertiger Beiträge erhalten.

Trotz des erst im April 2006 erfolgten Markteintritts haben bereits diverse amerikanische Verlage bzw. Mediensites den Blogburst-Service abonniert.

In der Blogger-Szene wird jedoch das Lizenz-Konzept und die technische Umsetzung der Content-Syndication z.T. kontrovers diskutiert. Bemängelt werden vor allem die Copyright-Regelungen und die Verwendung von Bandbreite, für die die Blogger zu zahlen haben.

Dieses Modell der Einbindung von Blogs erinnert relativ stark an die Nutzung Fester Freier bzw. von Pauschalisten im klassischen Print-Journalismus, die auf regelmäßiger Basis Bei-träge liefern. Es geht weniger um die Diskussion eines Themas als vielmehr um die Lieferung originärer Inhalte. An dem Credo „Journalism as a Conversation“ geht dieser Einsatz von Blogs vorbei.

Derzeit ist es noch zu früh, um den Erfolg dieses Geschäftsmodells zu beurteilen.


Die Entwicklung zur Einbindung von Blogs in das eigene redaktionelle Angebot (oder zur bewussten Entscheidung dagegen) steht in Deutschland noch am Anfang.

Das mag zum Teil daran liegen, dass es in Deutschland noch relativ wenige Blogs gibt (siehe Technorati Stats). Während sich dieses derzeit stark ändert, dürften die Diskussionen über die redaktionelle Antwort auf das Aufkommen von Blogs und die Frage nach der optimalen Einbindung in das eigene Angebot jedoch noch sehr viel länger dauern.


Update (30.05.2005): Spiegel Online scheint nun auch anzufangen, zu deutschen Artikeln zu Technorati-Suchergebnissen zu verlinken. Allerdings ohne Angabe des Technorati-Logos oder einen Verweis auf Technorait This!.

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