Site-Check Wetter: Zu weit weg
Mit den Wetterseiten einer Nachrichten-Site kann man nicht viel gewinnen. Aber einiges verlieren.
Kein User wird nur des Wetters wegen auf eine Zeitungs-Site gehen oder von dieser Wetter-Features im Umfang vergleichbar mit der einer spezialisierten Wetter-Site erwarten.
Und dennoch erwartet er Wetterinformationen, die er im Rahmen des (hoffentlich) täglichen Besuchs der Site schnell und unkompliziert abrufen kann. Es geht weniger um Spezialinfos als um die schnelle, unkomplizierte Antwort auf die Frage: Wie wird das Wetter?
Ein Fehlen dieser Funktion stellt für den User einen Grund weniger dar, regelmäßig die Site zu besuchen. Und genau an diesen regelmäßigen Besuchen mangelt es fast allen deutschen Zeitungs-Sites.
Drei zentrale Anforderungen an die Nutzerfreundlichkeit der Wetter-Seiten
Wie sieht folglich eine gute Wetterfunktionalität aus? Und wie ist der Stand der Dinge auf deutschen Nachrichten-Sites?
Die Basisfunktionalität einer Wetterseite besteht meiner Meinung nach aus folgenden Elementen:
a) möglichst direkter Zugriff
b) Vorschau (zumindest für den nächsten Tag)
c) Anzeige des Wetters der eigenen Stadt bzw. Region
Zudem ist natürlich die Qualität der Vorhersagen wichtig, aber die kann ich leider nicht überprüfen und bewerten…
Ad a) Direkter Zugriff
Spezialisierte Wetter-Sites wie z.B. Wetter.com bieten die Gelegenheit, die Seite mit dem Wetter der eigenen Stadt als Bookmark zu speichern oder mittels eines Cookies zu speichern. Einmal so abgespeichert kann der User bei folgenden Besuchen mittels eines einzigen Klicks das Wetter seiner Stadt abrufen.
Wenn Zeitungs-Sites für den täglichen Einsatz gestaltet sein wollen, müssen sie sich bzgl. der Navigation an dieser 1-Klick-Entfernung messen lassen.
Ad b)
Die Hauptnutzungszeit von Nachrichten-Sites ist von ca. 08:30 Uhr bis ca. 17:00 Uhr. Spätestens ab ca. 11:00 Uhr macht eine Anzeige des heutigen Wetters keinen Sinn mehr. Ein Blick aus dem Fenster genügt.
Und auch User, die das Wetter bereits morgens checken, haben oft genug die Wettervorhersage für den aktuellen Tag bereits am Vorabend im Fernsehen gesehen.
Was den User folglich am meisten interessiert ist das Wetter des nächsten Tages bzw. der nächsten Tage, nicht des aktuellen Tags. Es ist diese Seite, die der User mit einem Klick erreichen können muss.
Ad c) Wetter der eigenen Stadt
Ein nationales Publikum ansprechende Sites und auch Sites von Regionalzeitungen mit großem Verbreitungsgebiet sprechen Leser in unterschiedlichen Wetterzonen an.
Folglich ist es wichtig, dass die mit einem Klick zu erreichende Wetter-Seite das Wetter in der jeweiligen Region des Nutzers darstellt.
Es mag sonstige schöne Features auf Wetterseiten geben, die manche Nutzer gerne akzeptieren. Aber diese stellen die täglich zu nutzende Grundfunktionalität dar und müssen optimal ausgestaltet sein.
Zu umständlich
Man sollte meinen, dass die hier genannten Anforderungen keine allzu hohen Herausforderungen darstellen.
Wie üblich habe ich mir einige der relativ erfolgreichen* und einige der bislang weniger erfolgreichen* Websites herausgegriffen, um an diesen beispielhaft den Stand der Dinge zu bewerten.
Trotz unterschiedlicher Lösungsansätze ist die Situation bzgl. der Navigationsentfernung auf fast allen untersuchten Sites gleich: Auf den Sites der Süddeutschen, der Passauer Neuen Presse, Newsclick, NWZ online und Spiegel Online benötigt der Nutzer immer zwei Klicks zum Erreichen der Wettervorschau für die eigene Stadt.
Bei Spiegel Online kann man sich immerhin einen Bookmark setzen. Newsclick bietet diese Möglichkeit auch, allerdings nicht speziell für die eigene Stadt.
Schön gelöst ist der Zugang zum Wetter der eigenen Stadt auf den Seiten der Märkischen Allgemeinen, die über eine kleine Landkarte direkten Zugriff auf das regionale Wetter bietet (bookmark-fähig). Allerdings wird auf diesen Seiten auch nur jeweils das aktuelle Wetter angezeigt, nicht die Vorhersage.
Die Nordwestzeitung versteckt ihr Wetter geradezu tief unten in der rechten Navigationsleiste und leistet sich dann den Usability-Schnitzer, das Wetter in einem Popup-Fenster zu öffnen (abgesehen davon blinkt die Homepage wie ein Auto-Scooter auf dem Jahrmarkt).
Die Welt bietet erst überhaupt kein Wetter an. Angesichts der Tatsache, dass viele User die Wettervorhersage aber nutzen (möchten) mutet das nach einer verpassten leichten Chance zur Steigerung der Attraktivität des Angebots an.
Wie gesagt, die Wetterseiten entscheiden nicht alleine über Erfolg oder Scheitern einer Nachrichten-Site. Aber sie stellen einen Beitrag auf einer solchen Site dar, der schlicht und ergreifend nutzerfreundlich gestaltet sein muss. Und das ist in der Regel nicht der Fall.
* „erfolgreich“ jeweils in Relation zur verkauften Auflage (Daten siehe hier)
22.06.06