Site-Check Hyperlinks: Heise macht’s erfolgreich vor und keiner nach

Seit siebzehn Jahren gibt es Hyperlinks. Seit ca. 12 Jahren kann man sie in Browsern einsetzen. Sie sind der Hauptgrund für den Erfolg des World Wide Web. Nur warum setzen deutsche Nachrichten-Sites diese nicht ein?

Das hier hätte ein Artikel darüber werden sollen, wie erfolgreiche* Verlage im Netz Hyperlinks einsetzen, um ihren Lesern Mehrwert zu bieten. Und über bislang weniger erfolgreiche* Verlage im Netz, die das Potenzial von Links nicht ausschöpfen.

Und dann kam alles doch fast ganz anders.

Die zentrale Innovation des neuartigen Protokolls, welches Tim Berners-Lee 1989 erfand und das sich zum WWW entwickeln sollte war der Hyperlink. Mittels Verlinkungen sollten problemlos Querverweise auf andere Dokumente ermöglicht werden.

In einer Welt, in der Verlage bzw. Redaktionen es sich zur Aufgabe machen, Leser an interessante Informationen heranzuführen, für sie Informationen zu strukturieren und für bestimmte Themen zur zentralen Anlaufstelle zu werden, sollte sich der sinnvolle Einsatz von Hyperlinks längst durchgesetzt haben.

Heise News macht vor, wie so etwas aussehen kann. Fast aus jedem Artikel wird auf diverse Artikel und Homepages verlinkt (Beispiel). Dabei werden Deeplinks verwendet, d.h. das zitierte Urteil, die angesprochene Seite im Netz oder andere Quellen werden direkt verlinkt. Der User wird nicht auf der jeweiligen Homepage abgeworfen und muss sich somit nicht selber das jeweilige Dokument suchen.

Gleichzeitig wird nicht blind alles verlinkt, was verlinkbar ist. So schenkt man sich die Links auf die Homepages von Firmen wie z.B. AOL, wenn diese im Text vorkommen und ihre Homepage jedoch nicht relevant ist.

Dem Leser wird somit sowohl eine Selektion der wirklich relevanten Seiten und einfacher Zugriff auf diese gewährt. So sieht meiner Meinung nach echter Mehrwert aus. Nicht umsonst ist Heise eines der erfolgreichsten Online-Angebote Deutschlands.

An den Websites deutscher Zeitungsverlage ist die Verfügbarkeit von Hyperlinks dagegen ziemlich spurlos vorbeigegangen.

Wenig verwunderlich ist es, dass Verlage mit bislang relativ geringem Erfolg im Netz Links kaum einsetzen.

So bot die Neue Osnabrücker Zeitung bei der Durchsicht von sechs untersuchten Artikeln ihren Lesern nicht einen einzigen Link auf Quellen, zu ähnlichen Artikel auf der eigenen Site oder zu Beiträgen auf anderen Sites.

Nur wenig besser sieht die Situation bei der WAZ und der Mitteldeutschen Zeitung aus, bei denen in einigen Fällen auf ein paar relevante Artikel auf der eigenen Site verlinkt wurde, aber in nicht einem einzigen Fall auf externe Websites (bei jeweils sechs untersuchten Artikeln). Dieses gilt sogar für die Computer- bzw. Multimedia-Seiten, deren Redakteure ich noch am ehesten als „link-affin“ angesehen hätte.

Erstaunlich ist allerdings das Verhalten der deutschen Websites von Tageszeitungsverlagen, die relativ erfolgreich sind. Auf den Artikelseiten von Tagesspiegel.de, FTD.de, Welt.de und Handelsblatt.de finden sich fast nirgendwo Links auf externe Webseiten. Nur auf einer der untersuchten Computer-Service-Seiten des Tagesspiegels werden die URLs externer Adressen angegeben – unverlinkt…

Auf international erfolgreichen Sites wie Guardian.co.uk und NYtimes.com sieht es übrigens nur etwas besser aus. Ab und an gibt es externe Links, dafür aber sehr viel mehr und zudem z.T. manuell scheinbar besser selektierte Links als auf den deutschen Sites.

Warum die Scheu?

Was sich einstellt ist das Gefühl, dass die Websites doch einfach nur als Zeitung ohne Papier angesehen werden. Von Websites als Bestandteil eines Netzwerks bzw. als Spinne im Netz keine Spur. Siebzehn Jahre nach Erfindung des Hyperlinks werden seine Vorzüge nicht erkannt und ausgenutzt.

Ist es die Befürchtung, Leser zu verlieren? Welche Leser soll man verlieren, wenn man sie bei diesem künstlich vermindertem Nutzen der eigenen Site nicht erreicht (denn die Reichweiten der Websites von Zeitungsverlagen sind kümmerlich)?

Letztendlich unterstützt man durch eine solche Link-Politik eine Bewegung weg vom Anspruch, zentrale Anlaufstelle für Informationshungrige zu sein. Statt als die koordinierende, führende und selektierende Instanz zu gelten, wird man eine von vielen austauschbaren Sites, die über Google News angesteuert werden.

Anstelle sich in relativ teure (wenngleich auch durchaus sinnvolle) Abenteuer wie z.B. Video-News und Podcasts zu stürzen, könnte ein wenig Arbeit an den Basics nicht schaden.


Ps: Und dass solch gute Arbeit wie die der Heise-Redaktion keine teure Technik erfordert, erfährt man bei onlinejournalismus.de.

* "erfolgreich" und "weniger erfolgreich" gemessen als Online-Reichweite im Verhältnis zur verkauften Auflage. Details hier.

Kommentare

Sicher, manche halten von externen Links nichts ... aber viel größer ist meiner Erfahrung die Schwierigkeit, in der Hektik des Tagesgeschäfts tatsächlich gute Links einzubauen. Je nachdem wie kompliziert das kompliziert das CMS und die Recherche sind, addieren sich die Minuten dafür ganz schön auf, die dann an anderer Stelle fehlen ...

04.09.06 00:43

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