Letzten Donnerstag formulierte das Branchenblatt Horizont: „In der Tiefe des Auftritts sollen sich täglich zwischen 320 und 350 neue Artikel finden“. Das ist eine äußerst beachtliche Zahl, die eine ständig aktuelle, frische Site gewährleisten kann, was einer der Säulen einer erfolgreichen Nachrichtensite ist.

Aber „in der Tiefe“? Nein, man bekommt das Gefühl, die Site präsentiere einem alle dreihundertirgendwas Artikel auf jeder Seite der Site. Die Zahl der Links überwältigt einen und man sieht vor lauter Bäumen den Wald nicht.

Der untere Teil der Homepage mit seinen mindestens fünftausend Links dürfte von nur sehr wenigen Nutzern angeklickt werden. Andere Sites gehen in der Gestaltung der unteren Seitenbereiche völlig andere Wege.

Auch ansonsten fällt es einem schwer, über alle Angebote der Site zu schreiben, denn damit wäre man Jahre beschäftigt.

Was fällt also besonders auf?

Die Welt geht in die Breite (etwas)

Die Site geht in die Breite. Nur ca. 150 Pixel bleiben am rechten Rand und somit folgt man einem (empfehlenswerten) internationalen Trend zu breiteren Sites. Im Gegensatz zu Angeboten wie Time.com o.ä. bietet Die Welt jedoch weiterhin Platz für einen schmalen Skyscraper.

Trotz dieser größeren Breite ist die Site bedeutend dichter gepackt als z.B. Spiegel Online oder süddeutsche.de. Bilder werden überwiegend auf Thumbnail-Größe dargestellt und verweigern sich somit dem internationalen Trend zu größeren Bildern.

Auf den Übersichts- und Artikelseiten kommt dieses Extra an Breite nicht der (linken) Inhaltsspalte zugute, sondern der rechten Spalte. Und auch dort finden sich die oben angesprochenen Link-Massen (unter uns: die niemand anklicken wird).

Neue Ideen

Die Welt versucht sich löblicherweise an neuen Konzepten, die bislang noch nicht oder nur kaum auf anderen Sites ausprobiert worden sind, ohne dass diese penetrant wirken.

So integriert sie unter dem Stichwort „Zweite Meinung“ die RSS-Feeds anderer Nachrichtensites, die oft genug in Konkurrenz zu Welt Online stehen. Ähnliches bieten z.B. die NYtimes oder die LATimes an, aber – soweit ich weiß – in diesem Umfang noch keine deutsche Site (die Netzeitung verlinkt am Ende von Artikeln auf andere Sites).

Leider lässt die Integration dieser Zweiten Meinung zu wünschen übrig. Wenn sich der User z.B. in der Sektion Sport aufhält und sich die zweite Meinung der Konkurrenz einholen will, muss er vier Klicks machen, um sich auch nur einen einzigen anderen Sport-Feed anzuschauen. Für jeden weiteren Sport-Feed benötigt er weitere zwei Klicks. Liebe Welt-Usability-Experten: das macht niemand!

Hier würde eine thematische Integration der Feeds mit Sicherheit nützlich sein.

An vielen Ecken der Site wird versucht (und oft erreicht), mittels Ajax-Elementen die Nutzerfreundlichkeit zu erhöhen. Nicht alles davon wird sich davon durchsetzen, aber bemerkenswert ist zumindest der Mut und Wille, als erste deutsche Nachrichtensite die Nutzer mit solch oft noch unbekannten Navigationsoptionen zu beglücken.

Was fällt sonst noch auf? Die Navigationsstruktur ist sehr gewöhnungsbedürftig und der Grad der Suchmaschinenoptimierung erscheint mir für eine moderne Nachrichtensite doch eher gering. Votings und Tag-Clouds in rauen Mengen.

Auf Goethe hören

Bei dem Aufwand und den finanziellen Mitteln, die anscheinend in dieses Projekt geflossen sind vermute ich stark, dass es noch eine Optimierungsphase nach dem Launch geben wird.

Für diese sollten Goethes letzte Worte als Richtschnur dienen: „Mehr Licht!“ (und dann wird das eine richtig schöne Site)