Schüler und lokale Zeitungsverlage: Das große Missverständnis
Die lokalen Zeitungsverlage in den USA offenbaren eine ausgeprägte Ignoranz hinsichtlich der Medienpräferenzen von Schülern.
Während amerikanische Schüler ihre Nachrichten aus dem Netz beziehen, liefern die Verlage lieber Tinte auf Papier. Dabei versäumen sie es, die Schüler vom Sinn lokaler Berichterstattung – unabhängig vom verwendeten Medium – zu überzeugen und öffnen so Tür und Tor für größere Wettbewerber.
Ein Lichtblick ist, dass die Lehrer in den letzten Jahren verstärkt Nachrichten im Schulunterricht eingesetzt haben.
In der neuen Studie „The Internet and the Threat It Poses to Local Media: Lessons from News in the Schools“ der Carnegie-Knight Task Force wird der Einsatz von Nachrichtenmedien an amerikanischen Schulen untersucht.
Befragt wurden Lehrer zu ihrem Gebrauch von Nachrichtenmedien im Schulunterricht und zu den Präferenzen ihrer Schüler. Die Ergebnisse zeigen auf dramatische Weise auf, wie sich das Mediennutzungsverhalten verändert.
Die befragten Lehrer nutzten rund doppelt so oft das Internet als Nachrichten-Medium wie Zeitungen oder das Fernsehen (ca. 60% vs. jeweils rund 30%).
Sie taten dies, da das Internet das bevorzugte Nachrichten-Medium der Schüler ist. Lehrer hingegen präferieren die Zeitung.
Hieraus kann allerdings (fast) nicht abgeleitet werden, dass dieses eine Frage der persönlichen Entwicklung ist und dass auch Schüler ab einem bestimmten Alter auf Zeitungen umsteigen. Denn selbst in der Gruppe der Lehrer mit bis zu fünf Jahren Berufserfahrung war das Internet das bevorzugte Nachrichten-Medium.
Dabei fördert das Internet die Nutzung von Nachrichten im Schulunterricht. Rund 80% der Lehrer haben in den letzten Jahren ihren Gebrauch von Nachrichten gesteigert. Rund zwei Drittel dieser Gruppe gaben an, dass u.a. die leichtere Verfügbarkeit der Nachrichten im Netz und deren höhere Qualität(!) sie zu diesem Wandel veranlasst haben.
Dieser Anstieg der Nachrichten-Nutzung steht im Widerspruch zu anderen Analysen, die einen Rückgang des „Konsums“ von Nachrichten ergaben. Grund zur Hoffnung also.
Leider geht diese positive Entwicklung an den lokalen Verlagen vorbei. Die großen Gewinner sind die nationalen Marken und selbst internationale Sites wie die der BBC werden häufiger genutzt als die Nachrichten der lokalen Zeitungen.
Selber schuld
Daran sind die lokalen Verlage nicht ganz unschuldig. Statt sich als lokale oder regionale Marke für Nachrichten zu präsentieren und die Schüler zu mündigen „cross-medialen“ Nachrichten-Nutzern zu erziehen, bewirbt man an den Schulen nur sein althergebrachtes Print-Produkt.
Die Studie offenbart eine große Ahnungslosigkeit hinsichtlich der Nutzung der verschiedenen Medien seitens der Verlage. Das Ausmaß der Nutzung von Online-Nachrichten sowie die sich verändernden Marktanteile zugunsten (inter-)nationaler Marken werden stark unterschätzt.
Positiv betrachtet liefert diese Studie wertvolle Hinweise für die deutsche Zeitungsbranche.
Das derzeitige Projekt SchmitZ („Schule mit Zeitung“) ist augenscheinlich darauf ausgerichtet, das Print-Produkt zu bewerben. Eine Google-Suche zu „Schule mit Zeitung“ ergibt schlappe 46 Treffer. Darunter nur zwei Treffer von Online-Nachrichten-Sites (Focus und FAZ) – auf denen brav vom SchmitZ-Projekt berichtet wird.
Eine SchmitZ-Website konnte ich nicht finden.
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Frau Erdsiek-Rave, wird wie folgt zitiert: „Gerade im Zeitalter der elektronischen Medien gilt es, junge Leserinnen und Leser so früh wie möglich für die tägliche Zeitungslektüre zu gewinnen.“
Angesichts der oben beschriebenen Entwicklungen in den USA, die sich mit Sicherheit auch in Deutschland vollziehen werden, kann diese Aussage als geschäftsschädigend gewertet werden.
Noch ist es aber nicht ganz so weit wie in den USA. Zeit genug, um die nächsten SchmitZ-Runden cross-medialer zu gestalten, auf dass die deutschen Verlage es sich nicht mit ihren zukünftigen Lesern verscherzen.
Kaum eine Branche dürfte über ein solch großes Wohlwollen innerhalb der Lehrerschaft verfügen wie die Zeitungsverlage. Eine bessere Gelegenheit, dieses für eine frühzeitige Heranführung der Schüler an die eigene cross-mediale Nachrichten-Marke zu nutzen dürfte es kaum geben.
05.02.07
Kommentare
Was halten Sie von www.schlauleser.de?
Gruß
Hans-Jörg Zürn
06.02.07 15:25
Hans-Jörg Zürn
Hallo Herr Zürn,
die sieht ja sehr peppig aus, Ihre Site. Die Kommentare im Forum sind dementsprechend positiv.
Allerdings bekomme ich das Gefühl, dass die Site etwas an Fahrt verloren hat. Der letzte Kommentar ist von Mitte Dezember. Auch ansonsten scheint es nicht so richtig viel Leben auf der Site zu geben.
Leider ist die Site so programmiert, dass sie für Suchmaschinen wie Google praktisch komplett unsichtbar ist und Sie auch dadurch keine neuen Leser gewinnen.
Die Leserakquisition wird hierdurch stark erschwert.
Auch die Nutzerfreundlichkeit wird durch so manche Programmier- und Designentscheidung stark beeinträchtigt.
Die Kommentare zeigen, wie sehr sich die User über die Bilder freuen. So etwas dürfte eine schöne Basis für eine Steigerung der Zugriffsraten sein. Ist allerdings mit Arbeit verbunden. Mehr und regelmäßig neue Bilder sind notwendig.
So manche der Inhalte können Sie der Nutzerfreundlichkeit wegen streichen oder gruppieren. Statische Inhalte wie z.B. die Links zu den Clubs, die zudem – wie gesagt – von Google & Co. nicht „gesehen“ werden, dürften praktisch keine Leser anziehen.
Als Branchenbeobachter finde ich es toll, dass Sie mittels der Website junge Leser ansprechen wollen. Als Inhaber einer auf Verlage spezialisierten Internetagentur möchte ich allerdings behaupten, dass diese Site doch noch ein gutes Stück hinter ihren Möglichkeiten bleibt.
Viele Grüße
Matthias Kretschmer
06.02.07 20:42
Matthias Kretschmer